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Am Tag nach dem zweiten gescheiterten IVF-Versuch hatte ich wieder mit dem Messen der Basaltemperatur begonnen. Ich musste einen genauen Überblick über meinen Zyklus gewinnen. Und ich wollte nun alle naturheilkundlichen Mittel ausprobieren, die mir zur Verfügung standen. Wäre doch gelacht, wenn ich meinen Körper nicht wieder auf Trab bringen könnte! Ich wälzte Bücher, Zeitschriftenartikel, Internetseiten, redete mit Leuten, sah mir Fernsehsendungen an. Ohne auf irgendeinem Gebiet Expertin zu werden, eignete ich mir innerhalb weniger Monate ein enormes Wissen an. Es gab so viele Tipps für eine gesunde Lebensführung. Manchmal schien die Scharlatanerie dabei nicht weit zu sein, niemals aber hatte ich den Eindruck, dass eine Sache wirklich schadete. Bestenfalls nützte sie eben nichts. Tatsächlich waren die Tipps gegen Endometriose immer identisch mit jenen für den Kinderwunsch, sowohl bei der Ernährung, den empfohlenen Heilkräutern als auch bei den Körper- und Meditationsübungen. Ausgezeichnet, damit schlug ich zwei Fliegen mit einer Klappe.
Die Naturheilkunde ist heute ein riesiger Markt. Konnte es wirklich sein, dass alles nur Humbug war und überhaupt nichts dahintersteckte, wie die Schulmedizin gerne behauptete? Oder war sie doch eine ernst zu nehmende Alternative? Ich wollte es wissen und dazu musste ich es ausprobieren.
Bachblüten, Schüsslersche Salze, Heilkräuter in Form von Tees und Tinkturen, Fußreflexzonenmassage, Ernährungsumstellung, Sitzbäder, Solebäder, Wechselduschen, Spaziergänge. Ich ging nicht unsystematisch bei all diesen Dingen vor, sondern hielt mich an die in den verschiedenen Büchern enthaltenen Anweisungen. Mit eiserner Disziplin trank ich täglich meine zwei bis drei Liter Wasser. Und zwar durch ein Umkehr-Osmosegerät gereinigtes und mit Hilfe von Edelsteinen revitalisiertes Leitungswasser. Edelsteine. Eine Zeitlang legte ich mir abends ein paar Minuten lang einen Bergkristall auf den Bauch, immer nach dem Motto „Nützt 's nichts, schadet 's nicht“.
Auch einem neuen Zyklus Neuraltherapie unterzog ich mich. Der Arzt schlug mir nun noch eine weitere Therapie vor, „Bowtech“, eine neuartige Behandlung aus Australien. Sie soll die Selbstheilungskräfte der Natur fördern und besteht in einfachsten Berührungen an verschiedenen Körperstellen, ein bisschen lockern, ein bisschen drücken. Unvorstellbar, dass das etwas nützen sollte! Aber o. k., einen Zyklus zog ich durch.
Auch Klaus konnte sich meinem naturheilkundlichen Eifer nicht ganz entziehen. Aufgrund seines nur mittelprächtigen Spermiogramms verdonnerte ich ihn zur Einnahme von Mönchspfeffer. Brav nahm er die Tropfen – monatelang.
Die größte Hoffnung bei all diesen Mitteln und Therapien setzte ich aber in die Heilkräuter, vor allem in den Frauenmantel. In den unterschiedlichsten Büchern stieß ich immer wieder auf ihn, als wahres „Zauberkraut“ wurde er bezeichnet. „Allerfrauenheil“ war einst sein Name. Die Angaben darüber, wie lange man den Tee ziehen lassen und wie viel davon man trinken soll, gingen auseinander, Einigkeit aber herrschte darin, dass er zumindest einige Wochen lang täglich getrunken werden sollte. Täglich? Einverstanden! Ich machte es mir zur Gewohnheit, mit einer Thermoskanne und einer Flasche Wasser im Büro zu erscheinen. Auch der obligate Apfel, natürlich aus biologischem Anbau, war immer dabei. Es war gar nicht schwer und kostete kaum Zeit, dies alles täglich zu praktizieren.
Mit Hilfe des Zyklusbeobachtung wusste ich genau, wann meine fruchtbaren Tage waren. Das war für Klaus und mich natürlich eine wichtige Zeit. Und da erlebte ich schon bald meine erste Überraschung.
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